From 379f6adee2b11618e1345dc3fed3e4c2b0123442 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Willi Junga Date: Sun, 17 Mar 2024 19:03:10 +0100 Subject: [PATCH] Beschluss der MVV 2024-03-16 https://tk.antragsgruen.de/mvv-2024-1/Wasserversorgung-in-Berlin-sichern-sofortige-Massnahmen-gegen-PFAS-im-30407 Signed-off-by: Willi Junga --- ...gegen PFAS im Wasserwerk Tegel einleiten.md | 103 ++++++++++++++++++ 1 file changed, 103 insertions(+) create mode 100644 2024/Wasserversorgung in Berlin sichern: sofortige Maßnahmen gegen PFAS im Wasserwerk Tegel einleiten.md diff --git a/2024/Wasserversorgung in Berlin sichern: sofortige Maßnahmen gegen PFAS im Wasserwerk Tegel einleiten.md b/2024/Wasserversorgung in Berlin sichern: sofortige Maßnahmen gegen PFAS im Wasserwerk Tegel einleiten.md new file mode 100644 index 0000000..90d2c17 --- /dev/null +++ b/2024/Wasserversorgung in Berlin sichern: sofortige Maßnahmen gegen PFAS im Wasserwerk Tegel einleiten.md @@ -0,0 +1,103 @@ +Die ernsthafte Problematik der PFAS-Kontamination im Grundwassereinzugsgebiet +des Wasserwerks Tegel stellt nicht nur eine direkte Bedrohung für die +Trinkwasserversorgung dar, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf die +lokale Umweltgesundheit. + +PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) sind als sogenannte +Ewigkeitschemikalien bekannt dafür, sich in der Natur nicht abzubauen. Diese +Chemikalien stehen seit einiger Zeit im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit, +da +sie sich nachweislich in Blut, Leber oder Niere anreichern und dort toxisch +wirken. +Sie vermindern die Impfansprache vor allem bei Kleinkindern und haben auch einen +negativen Einfluss auf das Geburtsgewicht von Neugeboren. Des Weiteren stehen +sie unter anderem im Verdacht, Hormone der Schilddrüse zu beeinflussen sowie +Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer zu begünstigen. Es gibt zahlreiche +weitere +Verdachtsfolgen. + +Die Verwendung von PFAS in verschiedenen Produkten wie Textilien, +Löschschäumen, Kälte- und Treibmitteln sowie bestimmten Papier- und +Druckerzeugnissen hat zu einer weitverbreiteten Kontamination von +Oberflächenwasser in Deutschland geführt. Die EU-Chemikalienstrategie verlangt +seit Oktober 2021 das Verbot von PFAS in verschiedenen Anwendungen, darunter +auch in Feuerlöschschäumen. Daran anschließend trat im Februar 2023 innerhalb +der EU ein Verbot für etwa 200 PFAS gemäß der geänderten REACH-Verordnung in +Kraft. + +## Situation im Wasserwerk Tegel + +Die Situation im Wasserwerk Tegel ist äußerst besorgniserregend. Durch sensible +Analysetechnik wurden 2021 stark erhöhte PFAS-Werte in 42 von 131 Brunnen +detektiert, was 30% der Gesamtfördermenge des Wasserwerks entspricht. Die +gemessenen Werte liegen zwar noch unterhalb des aktuellen Leitwerts von 100 ng/l +des Umweltbundesamts (UBA). Allerdings wurde im Juni 2023 eine neue +Trinkwasserverordnung erlassen, die einen deutlich niedrigeren Grenzwert für +PFAS-4 von 20 ng/l festlegt, der ab Januar 2028 gelten wird. + +Eintragsquellen sind diverse Standorte auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens +Tegel. Als Hauptquelle der Kontamination wurde ein ehemaliges Löschübungsbecken +auf dem militärisch genutzten Teil des ehemaligen Flughafens Tegel +identifiziert. Dort +führte die Flughafenfeuerwehr von 1976 bis 1999 Löschübungen durch, bei denen +PFAS-haltige Feuerlöschschäume verwendet wurden. Der zweithöchste Eintrag fand +auf dem zivilen Geländeareal an der Feuerwache Süd statt. Nach aktuellem +Wissenstand sind die sanierungspflichtigen Zustandsstörer die Bundeswehr bzw. +Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Löschübungsbecken) und die Tegel Projekt +GmbH bzw. das Land Berlin (Feuerwache Süd). + +Schon im Jahr 2014 informierten die Berliner Wasserbetriebe erstmals die +Altlastenbehörde über nachgewiesene PFAS-Belastungen im Grundwasseranstrom +des Wasserwerks Tegel aus Richtung des ehemaligen Flughafengeländes. Trotz +dieses langjährigen Wissens wurden bisher weder von den Verursachern der +Kontamination (Bundeswehr und Tegel Projekt GmbH) noch von der +Altlastenbehörde als zuständiger Landesbehörde angemessene Schritte +unternommen, um die PFAS-Kontamination zu beseitigen. Da außerdem keine +Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen im Vorfeld des Wasserwerks bestehen, +strömt das kontaminierte Grundwasser weiterhin ungehindert auf die Brunnen der +Berliner Wasserbetriebe zu. + +Die Berliner Wasserbetriebe haben zwar reagiert und erste Maßnahmen ergriffen, +darunter das verstärkte Betreiben bestimmter Brunnen zur Fokussierung der +Schadstofffahne und der Betrieb einer Aufbereitungsanlage mit Aktivkohle zur +Adsorption von PFAS aus dem Grundwasser. Die Anlage bietet aber keine +langfristige Lösung. Denn weiterhin kommt es in 34 Brunnen zur Überschreitung +des +künftigen Grenzwertes, ab 2028 ist dies aber nicht mehr zulässig. Besonders in +den +Sommermonaten sind die Berliner Wasserbetriebe auf diese Brunnen angewiesen, +um den Wasserbedarf der Bevölkerung zu decken. Deshalb ist die +Wasserversorgung Berlins akut gefährdet. + +Erforderliche Maßnahmen, um das Problem langfristig zu lösen, sind: +* Erstens bedarf es einer umfassenden Bodensanierung der identifizierten +Hotspots. +* Zweitens ist die Errichtung eines "Schutzwalls" dringend notwendig. Dieser +soll aus Abwehrbrunnen und Aufbereitungsanlagen bestehen. Ziel ist es, die +Brunnengalerie des Wasserwerks Tegel effektiv zu schützen. +* Drittens müssen weitere Messstellen im Vorfeld der Brunnengalerien gebaut +werden, damit weitere erforderliche Standorte für Abwehrbrunnen bzw. +Aufbereitungen identifiziert werden. + +## Forderungen + +Wir fordern daher die Altlastenbehörde auf, die Verantwortlichkeit der +Bundeswehr +sowie der Tegel Projekt GmbH für die PFAS-Kontamination offiziell anzuerkennen +und finanzielle Schritte zur Haftbarmachung einzuleiten. + +Des Weiteren fordern wir die Altlastenbehörde, die Senatsverwaltung für +Mobilität, +Verkehr, Klimaschutz und Umwelt sowie den gesamten Senat auf schnellstmöglich +die nötigen Schritte (s.o.) einzuleiten. + +Es ist von höchster Wichtigkeit, dass alle relevanten Parteien kooperieren, um +die +Wasserversorgung Berlins nachhaltig zu schützen und insbesondere die PFAS- +Kontamination am Wasserwerk Tegel effektiv zu bewältigen. + +Des Weiteren muss das Thema PFAS mit höherer Priorität behandelt werden. Hierfür +ist ein umfangreiches Monitoring im gesamten Einzugsgebiet der Berliner +Wasserbetriebe erforderlich, um weitere PFAS-Hotspots zu identifizieren. Im +Anschluss müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um diese Altlasten zu +beseitigen. \ No newline at end of file