Der Landesausschuss fordert die Mitglieder des Bundestags von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landesverband Berlin auf, für eine vorausschauende, evidenzbasierte und grundrechtsorientierte Sicherheits- und Kriminalpolitik zu sorgen. Die Eingriffe des Staates in die bürgerlichen Freiheitsrechte müssen stets gut begründt und in ihrer Gesamtwirkung betrachtet werden. Wir setzen uns für den gezielten Einsatz digitaler Technologien ein, die die Sicherheit der Bürger:innen verbessern, ohne die Privatsphäre zu beeinträchtigen. Damit unvereinbar ist etwa eine flächendeckende Videoüberwachung oder der umfassende Einsatz biometrischer Gesichtserkennungstechnologien. Insbesondere verweisen wir auf die Verordnung (EU) 2024/1689 (KI-Verordnung), die ein grundsätzliches Verbot der biometrischen Echtzeitüberwachung enthält und biometrische Methoden nur in engen Grenzen erlaubt. Die vorgesehenen Maßnahmen müssen nicht nur dem Grundgesetz, sondern auch dem EU-Recht entsprechen. Bei der Anhörung im Bundestagsinnenausschuss am 23. September 2024 äußerten mehrere Expert:innen erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der geplanten Regelungen, insbesondere hinsichtlich der weitreichenden neuen Befugnisse, die über die in der Gesetzesbegründung angeführten Ereignisse hinausgehen. Das Recht auf Anonymität, sowohl im öffentlichen Raum als auch im Internet, bleibt ein hohes Gut, das verteidigt werden muss. Deshalb lehnen wir umfassende Identifizierungspflichten für die Nutzer:innen digitaler Dienste ab, ebenso wie allgemeine Überwachungspflichten der Diensteanbieter und das unterschiedslose Scannen privater Kommunikation. In Zusammenarbeit mit den Ländern soll die Sicherheitsarchitektur in Deutschland einer Gesamtbetrachtung unterzogen und modernisiert werden, um eine effektive und rechtssichere Zusammenarbeit der Institutionen zu ermöglichen, die den Schutz der Bevölkerung sicherstellt und gleichzeitig die Grundrechte wahrt. Zugleich müssen Polizei und Strafverfolgungsbehörden personell und technisch ausgestattet werden, damit sie ihre gewachsenen Aufgaben bewältigen können. Dies gilt auch für den Einsatz moderner Informationstechnologien. Dabei ist zu gewährleisten, dass insbesondere risikobehaftete Technologien (etwa auf KI basierende Verfahren) grundrechtskonform ausgestaltet und eingesetzt werden (Privacy by Design). Wir unterstreichen das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Bekenntnis zu einer evidenzbasierten Sicherheitspolitik. Es ist uns wichtig, nicht in zweifelhaften Aktionismus zu verfallen. Den Einsatz der globalen Zivilgesellschaft für digitale Bürger:innenrechte unterstützen sie und fordern ein Völkerrecht des Netzes. Der im Rahmen des Entwurfs der Ampel-Fraktionen für ein Gesetz zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems (Bundestags-Drucksache 20/12805 vom 09.09.2024) sowie des Antrags der Länder Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein (Bundesrats-Drucksache 464/24 vom 25.09.2024) geplante Ausschluss von Soziallleistungen für sogenannte Dublin-Fälle ist evident verfassungswidrig und verstößt gegen die Beschlusslage von Bündnis 90/Die Grünen auf Bundesebene (Europawahlprogramm 2024, S. 103). Jeder Mensch hat ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Darüber hinaus bekräftigen wir unsere Forderung als Landesverband Berlin nach einem ausdrücklichen gesetzlichen Verbot von Racial Profiling (LDK-Beschluss vom 04.05.2024). Die im Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems enthaltenen Vorschläge für erweiterte Befugnisse etwa der Polizei Berlin zur Durchführung anlassloser Kontrollen in Waffen- und Messerverbotszonen sehen wir kritisch, da anlasslose Kontrollen erwiesenermaßen in besonderem Maße anfällig sind für willentliches oder unwillentliches Racial Profiling.