beschluesse/2024/Wasserversorgung in Berlin sichern: sofortige Maßnahmen gegen PFAS im Wasserwerk Tegel einleiten.md

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Die ernsthafte Problematik der PFAS-Kontamination im Grundwassereinzugsgebiet des Wasserwerks Tegel stellt nicht nur eine direkte Bedrohung für die Trinkwasserversorgung dar, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf die lokale Umweltgesundheit.

PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) sind als sogenannte Ewigkeitschemikalien bekannt dafür, sich in der Natur nicht abzubauen. Diese Chemikalien stehen seit einiger Zeit im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit, da sie sich nachweislich in Blut, Leber oder Niere anreichern und dort toxisch wirken. Sie vermindern die Impfansprache vor allem bei Kleinkindern und haben auch einen negativen Einfluss auf das Geburtsgewicht von Neugeboren. Des Weiteren stehen sie unter anderem im Verdacht, Hormone der Schilddrüse zu beeinflussen sowie Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer zu begünstigen. Es gibt zahlreiche weitere Verdachtsfolgen.

Die Verwendung von PFAS in verschiedenen Produkten wie Textilien, Löschschäumen, Kälte- und Treibmitteln sowie bestimmten Papier- und Druckerzeugnissen hat zu einer weitverbreiteten Kontamination von Oberflächenwasser in Deutschland geführt. Die EU-Chemikalienstrategie verlangt seit Oktober 2021 das Verbot von PFAS in verschiedenen Anwendungen, darunter auch in Feuerlöschschäumen. Daran anschließend trat im Februar 2023 innerhalb der EU ein Verbot für etwa 200 PFAS gemäß der geänderten REACH-Verordnung in Kraft.

Situation im Wasserwerk Tegel

Die Situation im Wasserwerk Tegel ist äußerst besorgniserregend. Durch sensible Analysetechnik wurden 2021 stark erhöhte PFAS-Werte in 42 von 131 Brunnen detektiert, was 30% der Gesamtfördermenge des Wasserwerks entspricht. Die gemessenen Werte liegen zwar noch unterhalb des aktuellen Leitwerts von 100 ng/l des Umweltbundesamts (UBA). Allerdings wurde im Juni 2023 eine neue Trinkwasserverordnung erlassen, die einen deutlich niedrigeren Grenzwert für PFAS-4 von 20 ng/l festlegt, der ab Januar 2028 gelten wird.

Eintragsquellen sind diverse Standorte auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel. Als Hauptquelle der Kontamination wurde ein ehemaliges Löschübungsbecken auf dem militärisch genutzten Teil des ehemaligen Flughafens Tegel identifiziert. Dort führte die Flughafenfeuerwehr von 1976 bis 1999 Löschübungen durch, bei denen PFAS-haltige Feuerlöschschäume verwendet wurden. Der zweithöchste Eintrag fand auf dem zivilen Geländeareal an der Feuerwache Süd statt. Nach aktuellem Wissenstand sind die sanierungspflichtigen Zustandsstörer die Bundeswehr bzw. Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Löschübungsbecken) und die Tegel Projekt GmbH bzw. das Land Berlin (Feuerwache Süd).

Schon im Jahr 2014 informierten die Berliner Wasserbetriebe erstmals die Altlastenbehörde über nachgewiesene PFAS-Belastungen im Grundwasseranstrom des Wasserwerks Tegel aus Richtung des ehemaligen Flughafengeländes. Trotz dieses langjährigen Wissens wurden bisher weder von den Verursachern der Kontamination (Bundeswehr und Tegel Projekt GmbH) noch von der Altlastenbehörde als zuständiger Landesbehörde angemessene Schritte unternommen, um die PFAS-Kontamination zu beseitigen. Da außerdem keine Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen im Vorfeld des Wasserwerks bestehen, strömt das kontaminierte Grundwasser weiterhin ungehindert auf die Brunnen der Berliner Wasserbetriebe zu.

Die Berliner Wasserbetriebe haben zwar reagiert und erste Maßnahmen ergriffen, darunter das verstärkte Betreiben bestimmter Brunnen zur Fokussierung der Schadstofffahne und der Betrieb einer Aufbereitungsanlage mit Aktivkohle zur Adsorption von PFAS aus dem Grundwasser. Die Anlage bietet aber keine langfristige Lösung. Denn weiterhin kommt es in 34 Brunnen zur Überschreitung des künftigen Grenzwertes, ab 2028 ist dies aber nicht mehr zulässig. Besonders in den Sommermonaten sind die Berliner Wasserbetriebe auf diese Brunnen angewiesen, um den Wasserbedarf der Bevölkerung zu decken. Deshalb ist die Wasserversorgung Berlins akut gefährdet.

Erforderliche Maßnahmen, um das Problem langfristig zu lösen, sind:

  • Erstens bedarf es einer umfassenden Bodensanierung der identifizierten Hotspots.
  • Zweitens ist die Errichtung eines "Schutzwalls" dringend notwendig. Dieser soll aus Abwehrbrunnen und Aufbereitungsanlagen bestehen. Ziel ist es, die Brunnengalerie des Wasserwerks Tegel effektiv zu schützen.
  • Drittens müssen weitere Messstellen im Vorfeld der Brunnengalerien gebaut werden, damit weitere erforderliche Standorte für Abwehrbrunnen bzw. Aufbereitungen identifiziert werden.

Forderungen

Wir fordern daher die Altlastenbehörde auf, die Verantwortlichkeit der Bundeswehr sowie der Tegel Projekt GmbH für die PFAS-Kontamination offiziell anzuerkennen und finanzielle Schritte zur Haftbarmachung einzuleiten.

Des Weiteren fordern wir die Altlastenbehörde, die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt sowie den gesamten Senat auf schnellstmöglich die nötigen Schritte (s.o.) einzuleiten.

Es ist von höchster Wichtigkeit, dass alle relevanten Parteien kooperieren, um die Wasserversorgung Berlins nachhaltig zu schützen und insbesondere die PFAS- Kontamination am Wasserwerk Tegel effektiv zu bewältigen.

Des Weiteren muss das Thema PFAS mit höherer Priorität behandelt werden. Hierfür ist ein umfangreiches Monitoring im gesamten Einzugsgebiet der Berliner Wasserbetriebe erforderlich, um weitere PFAS-Hotspots zu identifizieren. Im Anschluss müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um diese Altlasten zu beseitigen.